Sunday, March 3, 2013

cruisin, cookin, couchsurfin

03.03.2012

Nach drei Nächten auf Mount Abu ist die Luft dann schließlich raus wie nach einem überstrapazierten Rummelbesuch. Obwohl es neben Softeis und Massenpärchensonnenuntergängen vieles zu entdecken gibt, fühlen wir uns in dieser künstlich geschaffenen Spielwiese für frisch verheiratete dann irgendwann fremd. Ich frage mich wie Rudyard Kipling diesen Ort wohl erlebt hat, als er hier vor vielen Jahre einen unserer Kindheitshelden erschuf. "Probiers mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg" (Balu/Junglebook). Dieser Songtext beschreibt die Zeit vor Schwantretboot und Pärchenausritten zu Roß in dieser Gegend, in der er sich bis heute nieder gelassen hat, wenn er nicht gerade in Mumbai ist.
Wir nehmen den Nachmittags Bus zurück nach Udaipur in unser kuschliges guesthouse bei Johar, wo unser restliches Hab und Gut, sowie die Yamaha so langsam auf neue Aufgaben wartet.
Johar freut sich sichtlich uns zu sehen und berichtet, dass es die letzten Tage eindeutig zu ruhig im Haus gewesen ist. Die Wiederbelebung seiner vier Wände haben wir bereits nach wenigen Stunden im Griff, denn wir kochen nun täglich bis zu drei Mahlzeiten bei ihm und erweitern unsere indische Cuisine mit jedem Tag. Als Hauptgerichte servieren wir Palak Paneer, Malai Kofta und auch Paneer Butter Masala mit chapati's versteht sich. Unsere Eigenkreation eines indischem Bruschetta kommt zum Frühstück genauso gut wie auch mal ein paar Veggie Masala Spiegeleier, oder Alu(Katoffel) Paratha's. Wir machen aber auch vor deutschen Bratkartoffeln und französischen Banana Crêpes kein halt. Die Tage vergehen als ob man in Udaipur wohnen würde. Am Morgen ist die übliche Fahrt zum Markt bereits selbstverständlich. Die Frauen sitzen um ihr Gemüse und kennen mich bereits, wir ergänzen uns mit unserem gebrochenen Fremdsprachkenntnisse prächtig und man lernt täglich dazu. Ich balanciere ein Kilo Kartoffeln sowie Tomaten, ein halbes Pfund weißen Käse, ein Strauch frischen Koriander, Knoblauch und Zwiebeln, Bananen und ein paar Orangen auf dem Tank der Yamaha, gehalten von meinem Spinnennetz artigem Spannnetz. Ich fahre den üblichen Slalom um Kühe und Bewohner durch die engen Gassen Udaipurs. Ich genieße den Augenblick und fühle mich schon fast wie ein alter Hase in dieser Stadt und plötzlich ist er da, der Moment auf den ich schon in gewisser weise gewartet habe. Noch ein Monat Visum, die Aufbruchstimmung macht sich so langsam bemerkbar. Ich habe Heimweh.. nach Indien. Doch die Reise hier ist noch nicht vorbei und die Pläne stehen bereits für die nächsten Tage. Wir downsizen unser Gepäck, womit hier vor allem Lauren betroffen ist, um zusammen auf den Sitz der gelben RX135 zu passen. Den Beutel mit Kleidern lassen wir bei meiner Gypsy-Familie als wir uns verabschieden. Und somit starten wir, mit eine wenig positiven Karma, die erste Tour zu zweit auf dem Bike. Ich verzurre mein Packsack sowie den kleinen Rucksack an der Seite mit meinem Kletterseil, das hier wiederum beste Arbeit leistet! Ich zog es damals aus einem Mülleimer an der Donau, ein Leben ohne ein paar Meter Kletterseil? unvorstellbar! Kletterseil you made my trip, sometimes. Der Abschied von Johar fällt schwer, er ist ein großartiger Gastgeber und guter Freund in den letzten 3 Wochen geworden, wir fühlten uns Zuhause und nichts war zu umständlich für ihn.








Der Start läuft gut, unsere erste Etappe führt entlang dem Highway 76, zum Mittag halten wir am Straßenrand und wärmen die Reste des gestrigen Abendbrots am Feuer auf. Wir haben in Udaipur eine 4 etagige Edelstahllunchbox erstanden, ein unverzichtbares Accessoire im indischen Alltag. Sie baumeln mit den Mahlzeiten für den Tag den an Fahrrädern der Arbeiter und werden auch von den Schulkids fürs Pausenchapati benutzt. Bei uns fungiert der glänzende Zylinder auch als mobiler Kochtopf sowie 6spices-Gewürzbox, in der Garam Masala, cumin, Kurkuma, chilly, Koriander Pulver und Salz seinen Platz finden.





 Am Abend erreichen wir Chittaurgarh und checken in ein guesthouse unweit des Bahnhofs ein, um wenig später wieder raus geworfen zu werden, da wohl Form-C (Ausländerformblatt) nicht vorhanden ist, obwohl die Auskunft lautet, das Zimmer ist verbucht. Wir sind die einzigen Gäste, versteht sich. Wir nehmen Chittaugarh nur als Checkpoint auf dem Weg nach Bundi mit und skippen, wie es sich für ordentliche Touristen gehört, auch die einzige Attraktion des Ortes, wieder mal ein Fort. Die Yamaha schlägt sich Wacker aber tropft auch mittlerweile Öl wie flüssigen Stuhlgang, Dichtungsprobleme, is klar. ("Macht und Rebel" Matias Faldbakken, für den ultimativen Fäkalhumor) Nackenmassagen bei ' voller' Fahrt zu bekommen, heitert auf und meine neue Sonnenbrille, die erste mal wieder nach Cambodia, schützt mein wertes Augenlicht vor den Schwärmen von Minifliegen. Auf der Strecke geht es wie gehabt lustig zu, man fährt im Duett mit den Locals der Gegend und wir verlassen die Hauptroute um auf schmalen Feldwegen unser Etappenziel Bundi zu erreichen. Eine der besten Etappen seit dem verlassen Himachal-Pradeshs, geht im süßen Bundi auf einer Geburtstagsfeier eines 1-Jährigen zu Ende, bei der ich missbraucht werde, die Süßigkeitenreste des Abendbrots zu vernichten. Wenn ich mich an eine Sache nie wirklich ran traue, dann ist es der ölige Konfektkram in Indien. Absolute spitze hingegen sind die Schokoschneebälle die aus einem gatschig, ungebackenem Schokoteig bestehen, gespickt mit Keks und gerollt in Kokosflocken.
Unser Guesthousezimmer in Bundi ist Pink, gemütlich und vor allem ruhig in der Nacht und am Morgen, das fällt auf. Ich finde die Yamaha am nächsten Tag als Quelle eines Ölbachs vor, wir fahren erstmal Frühstücken. Auch Bundi wirbt mit einem riesigen Fort, dass wie aus einem Felsen heraus geschnitten zu sein scheint. Doch anstatt dieses zu begutachten, sind wir dank unseres Kochtopfs in Outdoor Stimmung. Wir machen ein Feuer auf dem Dach einer Ruine, kochen ein paar Eier und verziehen und später in die nahe liegende Steppe für ein Picknick. Bundi ist ganz nett für ein paar Tage, überschaubar und nicht zu hektisch.













Am nächsten Tag zerschlagen wir den Plan die Yamaha mit auf den Zug zu nehmen, um den Verkauf in Delhi anzugehen. Wir entscheiden uns für eine letzte Etappe nach Jaipur, da dort bessere Zugverbindungen bestehen und wir außerdem bei der Couchsurfing Familie um Kamal einchecken können. Es sind knapp 220 km bis Jaipur, ich habe mit weniger gerechnet um bin zum Anfang erstmal demotiviert.. Am Ende stehen 9 Stunden Fahrt mit kleinen Pausen auf der Uhr. Knapp 70 km vor Jaipur zieht ein Sturm auf, wir halten und warten ab.. Nur knapp vorbei geschrammt, so können wir bereits nach einem Chai weiter fahren, bis aus heiterem Himmel der Hagel über uns herein bricht. Weintrauben große Eisstücken hämmern auf Tank und Kopf bevor wir eine verlassene Hütte finden, eine lustige Angelegenheit.. Nicht.






Als wir dann schließlich Jaipur erreichen, versuche ich mich aus meiner Erinnerung heraus zum Haus der couchsurfer Familie zu finden. Als wird auf eine Ampel zu fahren, die kurz zuvor auf Grün gesprungen ist, hakt die Schaltung. Ich sehe bereits auf der anderen Seite der Kreuzung einen Polizisten stehen, dem mein aufheulender Motor nicht unbemerkt bleibt, zudem ist in Jaipur Helmpflicht. Mit ordentlich Drehzahl bring ich den Gang auf Touren der mir zur Verfügung steht, der Polizist winkt bereits und stellt sich in meine Spur. Ich zieh durch, er springt bei Seite und versucht sich noch vergebens an Lauren's Rucksack fest zu halten. Nach dieser Adrenalinspritze und einer kleinen Irrfahrt durch die nächtliche Rushour Jaipurs, finde ich schließlich das Haus Kamals wieder. Wir sind ziemlich fertig, doch ohne den üblichen Monolog Kamals kommen wir nicht davon. Er erzählt über die letzen Couchsurfer Erfahrungen in seinem Haus, er hatte im letzten Monat gut 50 Traveller hier und nicht nur gutes zu berichten. Er zieht über einige Länder her und schwört nie wieder Gastgeber für Britten, Chinesen und Russen zu sein. Alle gleich meint er.. Ich kenne seine Attitüde in der Beziehung und mache mich eigentlich nur lustig darüber. Der nächste Morgen ist ein denkwürdiger Tag für mich, denn ich fahre in die Stadt um die Yamaha zu verkaufen. Die Zeit ist für mich gekommen, aber vor allem auch für das bike, dass in der letzten Zeit stark abgebaut hat. Trotzdem vermisse ich auf der letzten Fahrt bereits den lauten 2takter unter mir, sowie die Freiheit und den Spaß den man hier mit einem Motorrad hat.


Am Abend kochen wir für alle, trinken Bier nebenher und amüsieren uns zu Anfang noch prächtig. Vielleicht hat es am Alkohol gelegen, dass Kamals leichte Abneigung gegen spezielle Länder und ihre Bewohner in eine ernst zunehmende Debatte gleitet. Mittlerweile ist auch ein dritter Couchsurfer vor Ort, es ist Bart aus Utrecht (NL). Um nicht unfreundlich zu werden, entscheide ich mich nach dem Essen für den Abwasch und verzieh mich in die nebenan liegende Küche. Um ehrlich zu sein hätte ich hier schon gerne die Segel gestrichen, doch ich hoffe auf ein Happy end. Kamal wird zunehmend Anti-Amerikanisch, als die 3 köpfige Gruppe die Küche betritt um mich vom Abwasch abzuhalten. Er sucht nach Diskussionsstoff und findet das breite Feld der kulturellen Unterschiede zwischen Indien und westlichen Ländern. Ich kann beide Seiten verstehen, doch Kamal wird von Minute zu Minute ungemütlicher. Die Angelegenheit gipfelt mit dem mündlichen Rauswurf Lauren's, als ich den letzten Teller spüle.
Wir packen Sekunden später und stehen mit dem gerade erst eingetroffenen Holländer, den es auch nicht mehr länger hier hält, nun auf den Straßen Jaipurs. Es ist ein erleichterndes Gefühl.
Mit der Motorikshaw fahren wir daraufhin ins Stadtzentrum, suchen uns ein guesthouse und beenden den Abend mit ein paar Bier und dem netten Sohn des Hotelbesitzers. Er rückt den Aufenthalt in Jaipur wieder in ein angenehmes Licht für uns, was in diesem Moment bitter nötig war, wenn man bedenkt, dass Jaipur nicht gerade die Stadt der Städte in Indien ist.





Wir checken am nächsten Morgen gegen 10 Uhr aus, verabschieden uns von Bart, der nun zum Taj Mahal nach Agra aufbricht und halten auch schon wenig später Zugtickets nach Delhi in der Hand. Abfahrt ist bereits 2 Stunden später, somit blieb genug Zeit um erstmal ordentlich spicy zu frühstücken.
Mal wieder Zug fahren - Ich freue mich wie ein kleines Kind auf diesen Trip in die Hauptstadt. Am Abend erreiche ich Delhi zum 4. mal auf meiner Reise durch Indien.





Ich habe uns bei meinen Freunden angemeldet und während wir in die Metro zu ihrem Appartement springen bin ich bereits ziemlich euphorisch die Gang wieder zu sehen, zumal ich ihnen kein genaueres Zeitfenster angesagt habe. Aber diesmal scheint alles anders zu sein, das Tor zum Treppenhaus steht offen, und niemand ist vor Ort obwohl Licht in den von aussen verschlossenen Räumen scheint. Ich suche die Küche auf, um nach einem Indiz für den Zeitraum ihrer Abwesenheit zu suchen. Es ist dunkel in der 2 Quadratmeter Küche, doch aus Gewohnheit geht mein Arm direkt zum Lichtschalter. Kurz bevor der Automatismus greift realisiere ich dass es hier verdammt stark nach Gas riecht. Ich drehe den Gashahn vor der anschließenden Flucht noch zu und lasse die Tür offen stehen. Mit gehen die absurdesten Szenarien durch den Kopf, bevor ich einen der Boys erreiche. Sie sind in ein neues Appartement umgezogen, nicht unweit von hier. Sie sammeln uns wenig später ein und beeindrucken mich mit ihrer neuen Behausung, die mit Spiegel glatten Fliesen, Marmor Bad und einem riesigen Balkon auffährt. Der Tagesrhythmus der WG ist hingegen ganz der alte, Frühstück gegen Mittag, Lunch um fünf und Abendessen zwischen 2 und 3 Uhr morgens. Verwundert blicken wir uns am nächsten Tag an, wie schnell man sich darauf eingeschossen hat. Wir haben einige Sachen in Delhi zu erledigen, wollen uns aber nicht all zu lange hier aufhalten. Ich bekomme in einer irrwitzigen Odyssey durch Delhi meine Ersatzlinsen für meine GoPro Kamera, da ich Sie bei voller Fahrt einmal vom Motorrad hab fallen lassen und so ein Kratzer vorm Objektiv war , das wasserdichte Case dagegen ist unzerstörbar. Am nächsten Tag buchen wir zwei Schlafplätze im 30 stündigen "Brahmaputra Mail" Zug nach Darjeeling.
Wir sitzen jetzt seit 17 Stunden auf den Schienen und haben unsere Flasche Rum mit den unterschiedlichsten Getränken gemixt.

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